Wir
waren die Ersten!
Neue Tauchgebiete rund um Alor/Indonesien |
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Ein Bericht von Christine und
Jan Waßmann
Die achtzehnsitzige Twin-Otter taumelt wie ein unbeholfener großer Vogel auf die Landebahn von Alor zu. Wir sitzen am Gang und haben einen vorzüglichen Blick auf den Landeanflug durch die Cockpitfenster. Vor dem Anflug haben die Piloten den aus der Tageszeitung bestehenden Sonnenschutz von den Fenstern genommen. Die Landebahn kommt schnell näher. Die Maschine setzt auf und rollt vor das kleine Flughafengebäude. Schwer beladen wanken wir mit unserem "Handgepäck" aus dem Flieger in die tropische Hitze. Beim Einchecken in Kupang (Timor) gab es einige Diskussion mit dem Bodenpersonal, bei der kleinen Maschine sind nur zehn Kilo Freigepäck pro Person zugelassen. Doch das Glück war wieder auf unserer Seite: Die Maschine war nicht voll ausgebucht , und so kriegen wir das Tauchgeraffel ohne Aufpreis mit. Der Flug von Kupang nach Alor dauerte eine gute Stunde. Dabei gab es einen wunderbaren Blick auf die Küste und die bergige Landschaft von Timor. Wir werden schon erwartet von einem Mitarbeiter unseres Hotels. Mit einem etwas angejahrten Kleinbus treten wir und drei weitere Mitreisende die Fahrt nach Kalabahi, der einzigen größeren Stadt Alors an. Zufällig sitze ich neben dem örtlichen Vertreter von Merpati Air. So ergibt es sich, daß ich gleich unsere Rückflüge zu reservieren kann. Auf der Fahrt lernen wir einiges über die Insel. Vor zwei Jahren hat hier, genau wie auf Flores, mächtig die Erde gebebt. In einem Dorf liegen noch größere Steinhaufen, die, wie mir unser Abholer erzählt, nun zum Wiederaufbau verwendet werden. Glücklicherweise sind bei dem Beben auf Alor keine Menschen zu Schaden gekommen. Auch die furchtbare Flutwelle, die auf Flores so große Verwüstung anrichtete, blieb den Leuten hier erspart. Durch Wald und kleine Dörfer mit aus geflochtenem Palmstroh gebauten Hütten führt uns die Straße. Plötzlich hält der Bus. Vor uns sehen wir Polizei stehen. Eine Verkehrskontrolle? Ich werde aufgeklärt: Regierungsvertreter aus Jakarta haben Kalabahi besucht. Zwei Polizeijeeps und 2 Limousinen rauschen mit Blaulicht und Sirenen an uns vorbei, dann geht es weiter. In Kalabahi die ersten Häuser von Kalabahi kommenin Sicht. Der Ort ist größtenteils wohl in der holländischen Kolonialzeit gebaut worden. Vorbei an Läden mit hellblauen Türen, vor denen das Warenangebot ausgebreitet ist, gelangen wir über die holprige Hauptstraße an unseren Bestimmungsort, das am Hafen gelegene Hotel Adi Dharma. "Hurry up! The boat is waiting - its time for the first dive in Alor!" Begrüßt uns Donovan, der australische Guide von Pitoby Watersports aus Kupang. Das lassen wir uns nicht zweimal sagen: Schnell montiere ich die Lungenautomaten, lade die Kameras - dann ist Abmarsch zum Boot. Auf dem Weg lernen wir unsere Tauchpartner kennen, zwei Ehepaare aus Perth/Australien, die auf einem Dreimonatstrip durch Indonesien sind. Alle vier sind wie ich Unterwasserfotografen. Entsprechend beladen marschieren wir Orang Putis (Weiße Menschen) vorbei an den freundlich neugierigen Einwohnern von Kalbahi. Hier sind Touristen noch eine Seltenheit - pro Jahr gibt es hier nur etwa 30 Besucher! Immer wieder schallt uns das freundliche "Hallo Mister!" der Kinder entgegen. Donovan hat den örtlichen "Krankenwagen" als Tauchboot gemietet. Ein etwa sieben Meter langes, doppelt motorisierten Kunststoffboot, mit dem normalerweise der Gesundheitsdienst seine Besuche und Krankentransporte auf den Inseln der Umgebung macht. Unter den Sitzbänken liegen schon die 12L Aluflaschen. Unsere Kameras kommen den Ehrenplatz auf der gepolsterten Längsbank. Unter großem Gejohle der Kinder steigen wir ins Boot, dann werden die beiden 40 PS Außenborder gestartet. Neben dem Steuermann begleiten uns noch ein Maschinist und ein Herr vom Touristenbüro, der sehen will was beim Tauchen so abläuft. Kalabahi liegt in einer etwa 20 KM langen und ca. 1 KM breiten, fjordartigen Meeresbucht aus der wir jetzt in Richtung Nordost brausen. Das Wasser ist von wundervollem Blau. In ihm spiegelt sich das Grün der Landschaft. Immer wieder passieren wir Auslegerboote von Fischern. Die Männer und Kinder von den Booten winken uns freundlich zu. Kleine Dörfer, deren Moscheen und Kirchen aus dem Grün ragen ziehen an uns vorüber. Wo anfangen, mit der Erforschung der Tauchgründe? Donovan hat schon etwas Vorarbeit geleistet und die Seekarte der Umgebung studiert. Verdächtig für Steilwände sind immer Punkte an denen flaches und tiefes Wasser dicht beieinander liegt. Der Fjord endet, wir halten uns rechts in Richtung auf 3 hintereinander liegende Inseln. Hier zwischen den Inseln gibt es anscheinend starke Strömungen, das Boot durchfährt große Strudel. Die Uferlandschaft mit der zerklüfteten dunklen Lava erinnert uns an einigen Stellen an die Kanaren. Vor Kumba Island läßt Donovan die Maschinen stoppen und greift sich die Tauchmaske. Mit akrobatischer Vorbeugung hängt er sich ins Wasser und prüft die Bedingungen. Prustend kommt er wieder hoch: " Sieht interessant aus! Macht Euch fertig!" Niemand hält es mehr auf der Bank - alle hat das Entdeckerfieber gepackt. Trotz der Enge auf dem Boot schaffen wir es Bestzeit die Ausrüstung fertig zu machen. Hugh springt als erster hinein, Bonny folgt Ihm , dann Ann und Wayne - zuletzt Christine Donovan und ich. Die Klarheit des Wassers ist beeindruckend - sicher 35 Meter Sicht! Wir tauchen einen sanften Korallenabhang hinab. Aus ihm erheben sich vereinzelte Blöcke von Schildkorallen. Bei einem Dickicht aus Geweihkorallen sehe ich einen seltsamen Barsch. Er sieht aus wie ein Zacki, hat aber eine Schnauze wie ein Barracuda! Ein Barracod, wie ihn die Australier nennen. Bei 20m ist der Meeresboden erreicht. Eine leichte Strömung zieht uns zwischen den Korallenstöcken hindurch. Ich mache einige Aufnahmen mit der Nikonos von Christine in den Fischschwärmen . Zwischen Arealen mit gelben Feuerkorallen gibt es immer wieder Flächen die nur von Anemonen mit dazugehörigen Amphiprion bewohnt sind. Aus einer Korallenhöhle schwimmen uns 6 große Sweetlips entgegen. Nach ausführlicher Erforschung des Areals im 20 m Bereich schwimmen wir den Abhang noch etwas weiter hinab. Ein grauer Weißspitzenhai beäugt uns neugierig. Ein Blick auf Decorechner und Finimeter läßt uns wieder umkehren und mit der leichten Strömung den Hang hinauf schweben. Auf dem Weg zieht ein Schwarm kleiner Barracudas an uns vorbei. Wir steigen auf bis in den 6m Bereich. Hier haben Blennies und Clownfische ihr Reich. Einsiedlerkrebse schleppen geschäftig ihre "Fertighäuser" durch die Gegend. An der Ankerleine machen wir noch einen kurzen Sicherheitsdeko. Da das Boot keine Leiter hat, gelangen wir alle über die Außenborder zurück auf unsere Plätze. An Bord werden die Erlebnisse erstmal ausgiebig diskutiert. Wenn da so weiter geht, haben wir ein echtes Highlight gefunden. Am Strand machen wir Picknick. Es gibt Reis, Gado Gado (Gemüse mit Erdnußsoße) Ajam Goreng (gebratenes Huhn) und zum Nachtisch Bananen. Dabei wird die Seekarte zur Klärung, wo der Nachmittagstauchgang stattfinden soll, ausführlich diskutiert. Wir fahren vom Kumba zurück in Richtung Alor. Vor dem Dorf Sey Eng macht Donovan wieder seine Verbeugung. Das erste Stück bringt uns immer wieder nur Abhänge, dann entdeckt er eine Steilwand. Wieder setzt an Bord rege Betriebsamkeit ein. Das Wasser ist noch klarer als am Morgen. Die Landschaft bietet reichlich farbenprächtige Weichkorallen und gewaltige Schwammformationen. Aus einer Höhle macht sich eine Schildkröte auf ins freie Wasser. Ein großer Barracuda folgt einem Schwarm Makrelen. Fledermausfische ziehen an uns vorüber. Falter- und Wimpelfische wuseln durch die Korallen. Auf das Stück Steilwand folgt ein Abhang, darauf wieder eine Steilwand. Ein interessanter abwechslungsreicher Platz! Hugh und Bonny waren etwas tiefer gewesen. Bei 40 Meter hatten sie wieder Haie. Auf der Rückfahrt sehen wir zwischen den Inseln eine Schule Zwergwale. Einige Tiere springen aus dem Wasser. Schnell wird der Kurs in Richtung der Wale geändert. Wir versuchen die Tiere schnorchelnd zu erreichen. Im Wasser ist ihr Kommunikationsgesang deutlich zu hören. Wir schwimmen was das Zeug hält. Die Australier haben Glück, Hugh und Bonny kriegen sogar zwei Tiere vor die Linse! Ein schönes Ende für diesen tollen Tauchtag! Am folgenden Tag geht es eine Insel weiter, nach Ternate . Vor dem Inseldorf machen wir uns zum Tauchen fertig. Als unser Boot von den Bewohnern ausgemacht wird gibt es Unruhe an Land. Die Dorfbevölkerung läuft zusammen um uns zu sehen! Als sich die ersten ins Wasser stürzen um zu uns hinzuschwimmen, gehen wir schnell über Bord. So viel Aufmerksamkeit ist uns doch etwas unheimlich! Wir tauchen einen mit Hart- und Weichkorallen bestandenen Abhang hinab umwimmelt von Schwarmfischen. Die Sicht ist noch besser als am Vortag! Wir scheinen zu fliegen in dem klaren Element! In einem Loch sehe ich einen Fangschreckenkrebs sitzen. Ein kleiner Krake versucht sich aus dem Gesichtsfeld zu stehlen. Rotfeuerfische segeln um eine Geweihkoralle. Ein Barracuda sucht in einem Schwarm gelber Schnapper nach Nahrung. Wieder an Bord bietet sich an Land ein seltsamer Anblick: Alle Kinder des Dorfes stehen winkend und rufend am Strand, die Erwachsenen stehen im Hintergrund. Wir machen einige Bilder. Jede sich zeigende Kamera wird mit großem Gejohle begrüßt. Für den zweiten Tauchgang fahren wir etwas weiter um Ternate herum zum nächsten Dorf. Wieder werden wir von den Bewohnern lautstark begrüßt. Vor dem Ort fischende Männer in Auslegerbooten kommen zu uns herübergepaddelt. einige tragen kleine aus Kokosnußschalen geschnitzte Taucherbrillen. Als wir über Bord gehen springen sie ins Wasser und versuchen uns hinterher zu tauchen. Als ich die Kamera hebe um sie unter Wasser zu fotografieren winken sie mir zu und ermuntern mich mit Schreien zu mehr Aufnahmen. Ich muß auf meinen Filmverbrauch achten, sonst ist nichts mehr für Fauna und Flora über! Bis in eine Tiefe von vier Metern folgen uns die Freitaucher, dann muß der Druck der Brillen auf die Augen zu stark werden. Wir tauchen die Steilwand hinab. Aus der Wand ragen große Röhrenschwämme. Gabelschwanzdrückerfische bevölkern in Schwärmen die Wand. Ein Makrelenschwarm begegnet einer Gruppe Platax, die aus der Tiefe kommt. In einer Höhle sitzt eine mächtige Languste. An den Steilwänden und hängen viele "Elefantenohren", (Lederkorallen) die in der Strömung wehen. In der Nachmittagssonne fahren wir zurück nach Kalabahi. Nach kurzer Kaffeepause brechen noch zu einer kleinen Erkundungstour mit dem hoteleigenen Kleinbus auf. Donovan fährt. An einer kleinen Straßenbude hält er. Ich denke noch, vielleicht braucht er Zigaretten, dann zeigt sich jedoch, daß es sich bei der Bude um die örtliche Tankstelle handelt! Das Benzin wird hier in Literflaschen abgefüllt und verkauft. Wir gönnen uns für die Fahrt fünf Liter. Von einem Höhenzug oberhalb von Kalabahi hat man einen wunderbaren Blick auf die Umgebung und die fjordartige Bucht . Wir machen noch einige Aufnahmen, dann versinkt die Sonne hinter den Inseln im Meer. Der nächste Morgen bringt zum Frühstück Kaffee und Pisang Goreng (in Teig gebackene Bananen). Unser Boot liegt am gewohnten Platz. Als offiziellen Begleiter haben wir diesmal einen Vertreter der Fischereibehörde, der sich vom Treiben der verrückten Taucher überzeugen will. Der Maschnist startet die beiden Kerosinmotoren und ab geht es in Richtung Nordnordwest. Vor Pura Island finden wir wieder einen interessanten Korallenabhang. Der Boden ist übersät mit verschiedenartigsten Formen von Anemonen. Dazwischen wieder im Rhythmus der Wellen flatternde "Elefantenohren". Auch an diesem Platz gibt es ab 40 Meter Tiefe Haie. Das Wasser ist wieder unglaublich klar, unser Blick reicht sicher 50 Meter weit! Wir tauchen vor einem auf Dorf und sind schnell von der Bevölkerung in Auslegerbooten umringt. Donovan gibt einem der Männer seine Tauchmaske. Der Mann schaut damit ins Wasser und meint soviel hätte er noch nie durch seine selbstgebaute Brille gesehen. Was für ein Glück für die Fischwelt! Den Nachmittagstauchgang machen an der Westküste von Alor, in der Nähe des Dorfes Lola. Wieder hat Donovan eine tolle Steilwand entdeckt. Das Wasser ist wunderbar klar bis in eine Tiefe von 20 Meter, dann wird es plötzlich schlierig. Schlagartig fühlen wir uns in eisiges Gelee gehüllt. Ein Temeratursprung von gut 14°C! Hier müssen sich warme Wasserschichten von der Oberfläche mit kaltem Süßwasser mischen. Ein Tauchgang wie eine Kneipkur! Die Fische scheint die Kälte nicht zu beeindrucken. Schwärme von Makrelen mit darin jagenden Thunfischen und Barracudas begegnen uns. Der Steilwand vorgelagert ist eine Art Plateau unter dem sich eine Höhle befindet durch die ein Schwarm Schnapper zieht! Ich mache einige Aufnahmen aus der Höhle von Christine im Makrelenschwarm. Wir beschließen den Tag mit einem Nachttauchgang zu beenden. Um 18:00 Uhr brechen wir bei letztem Licht mit dem Kleinbus auf. Die Straße entlang der Bucht führt zu einer Stelle, die uns bei den täglichen Ausfahrten als zum Nachttauchen geeignet schien. Zwischen zwei Dörfern halten wir und machen uns unter den kritischen Augen der Bevölkerung zum Tauchgang fertig. Besondere Freude erregt mein Markierungsblitzer. Die Leute müssen uns für komplett verrückt halten mit all diesem schweren Zeug nachts ins Wasser zu steigen! Durch eine kleine Bananenpflanzung gelangen wir zum Kiesstrand. Die Gruppen werden eingeteilt und ab geht's. Im Schein der Lampen verlassen wir die Oberfläche. Der Grund hat das Profil eines sanften Abhanges. Bei 25 Meter begegnen uns Massen von Seeigeln. In einer Mulde nächtigt ein großer Igelfisch. Ein Schwamm wird von einigen Nacktschnecken verspeist. Hugh entdeckt auf einem Steinplateau einem mächtigen Krötenfisch. Leider ist mein Film schon voll und ich schaue nur zu wie die anderen ihn ablichten. Meine Luft neigt sich dem Ende und wir tauchen auf. An der Oberfläche müssen wir uns erst orientieren, an Land ist kein Licht zu sehen. Zum Glück haben wir jeder zwei Lampen mitgenommen, der Weg zur Straße ist ohne Licht kaum zu finden. Als wir zum Auto kommen, leuchten uns die Augen der neugierigen Dorfbewohner aus dem Dunkel entgegen. Unser Auto ist von etwa 20 lachenden und aufgeregt schnatternden Menschen umringt. Unter deren kritischen Augen schäle wir uns aus der Ausrüstung. Inzwischen treffen auch die Anderen ein. Im Hotel erwartet uns ein reichhaltiges indonesisches Dinner bei dem das Erlebte ausgiebig diskutiert wird. Informationen zur Reise: Arrangiert wurde die Tour nach Alor
von DIVE TREK EAST,
Website: http://www.divealor.com
Kosten: Eine Woche Alor hat uns inkl. Flug
ab/bis Kupang und aller Nebenkosten
Anreise: Flug von Deutschland nach Denpasar/Bali
von Bali gehen täglich Flüge nach Kupang/Timor.
Literatur: "Underwater Indonesia" Tauchführer
für Indonesien von Kal Muller in englischer Sprache
©Jan und Christine Waßmann 1993 |
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