Wir waren auf Bali nur für einen
Stopover auf dem Weg nach Flores, und wollten es nicht versäumen in
den uns zur Verfügung stehenden 3 Tagen auch einige Tauchgänge
zu machen. In Denpasar gelandet, suchten wir uns über die Tourist
Information ein ruhiges Hotel in Strandnähe mit Tauchmöglichkeiten.
Dank guter Beratung fanden wir in Sanur Beach etwas nach unserem Geschmack.
über die Insel und speziell Denpasar mit Kuta, hatten wir schon viel
schlechtes gehört ("Australisches Mallorca"usw.) und die Taxifahrt
zum Hotel über 4 spurige Straßen durch intensiv bebaute Touristenzentren
bestätigten unsere Vorurteile. In Sanur Tourismus pur! Das ist wohl
die passensde Beschreibung für die Ecke. Ein Hotel am anderen, schöner
Strand, aber auch viele viele äußerst geschäftstüchtige
Balinesen. Nach freundlicher Begrüßung , etwas Konversation
und Klärung der Nationalität des Besuchers, gehen die Angebote
von "Haare flechten Madame?, Massage Madam?, Copied Watches, Copied Watches!
T-Shirts! Come to my shop!, my shop is number 25, My offer ist cheapest
and best!!". Auf den ersten Metern zum Strand fanden wir den Wirbel um
unsere Person noch ganz unterhaltsam, aber je weiter wir gingen , desto
lästiger wurden uns die Offerten. Best friend waren wir für Alle
sowieso!
Am ersten Morgen nach unserer Ankunft,
sind wir schon früh wach und genießen wir die Kühle und
die Geräusche des erwachenden Lebens zum Beispiel den Ruf des Kulkul
, eines Vogels, der von Straßenhändlern mit einem Holzgong täuschend
nachgemacht wird. Ein altes Mütterchen, vom Alter gebeugt, verteilt
kleine Opfergaben unter tonlosem Murmeln im Hotelinnenhof. es sind aus
Palmblättern geflochtene Schälchen, die mit Reis, Obst, Blüten
und einem Räucherstäbchen gefüllt sind. Bei unserem Rundgang
durch den Ort, finden wir diese Opfer, die die Geister freundlich stimmen
sollen, an vielen Ecken.
Die Tauchbasis in unserem Hotel ist
am Tag nach der Anreise leider ohne Guide. So müssen wir uns um eine
andere Tauchmöglichkeit in Sanur selbst kümmern. Mit Bali-Dive
verabreden wir für den Nachmittag eine Tauchausfahrt per Boot. Mit
europäischer Pünktlichkeit steht der Kleinbus zur vereinbarten
Zeit vor unserem Hotel. Die Fahrt geht nur um wenige Ecken, zum Bali-Hyatt-Hotel.
Am Strand werden unsere Jackets mit 10 Liter Aluflaschen und wir mit dem
nötigen Blei versorgt. Der Diveguide erkundigt sich nach unseren Wünschen
bezüglich der Tauchgangsdauer. Wir kündigen etwa 60 Minuten an.
Daraufhin warnt uns der gute Mann vor Strömung und schlechter Sicht.
Wir lassen uns aber nicht beirren und steigen ins Boot. Nach kurzer Fahrt
durch die Brandungszone der langen Wellen des indischen Ozeans wird die
Maschine gedrosselt und der Guide bedeutet uns , daß wir uns fertig
machen können.
Vom kleinen Achterdeck des Bootes gelangen
wir mit einem Sprung ins kühle Naß. Die Sicht ist wie angekündigt
nicht besonders, etwa 15 Meter. Die Wassertemperatur kommt uns, noch verwöhnt
von Manado regelrecht kalt (26°C!) vor. Das sich bietende Szenario
unterwasser erinnert uns etwas an den Atlantik , dunkler Sand aus dem Schildkorallentürme
aufragen und bis fast 20 Meter Tiefe eine Wellenbewegung, mit leichter
Strömung. Wir werden umschwärmt von Wimpelfischen, aus Nischen
der Schildkorallen kommen Sweetlips hervor, darüber eine Gruppe großer
Platax. Alles scheint in der Dünung walzergleich zu Tanzen. Die Schaukelei
ist herrlich, bloß ich als Fotograf , habe meine liebe Not in die
richtige Schußposition zu kommen! Der Sandgrund bietet einiges: Blaupunkt-
und Stachelrochen, aus einer Spalte schaut neugierig eine Nasenmuräne
nach uns. Nach etwa 45 Minuten Tauchzeit kommt unser Guide aufgeregt die
Finimeter kontrollieren und macht Zeichen ob wir auftauchen wollen. Wir
lehnen ab getreu dem Grundsatz: Bezahlt ist Bezahlt, obwohl der Film eigentlich
schon voll ist. 20 Minuten später erlösen wir den armen Mann
von dieser "Folter" und tauchen auf. Das Boot ist in der Nähe.
An Bord erklärt der Guide uns
blaulippig, das sei sein längster Tauchgang gewesen, normalerweise
würde sowas für ihn höchstens 30 Minuten dauern , nur die
crazy Germans hielten es solange unterwasser aus! Angesichts der auch von
uns empfundenen Kühle verzichten wir auf einen zweiten Gang.
Am nächsten Tag ist der Guide
in unserer Hotelbasis wieder da, und wir planen mit ihm eine Fahrt zum
sagenhaften Wrack von Tulamben. Morgens um 6.00 Uhr starten wir mit einem
Kleinbus. Der Weg führt uns fast um die halbe Insel durch saftig grüne
Reisterrassen, zahlreiche kleine Dörfer und Städtchen. Wir sehen
eine Unzahl von Tempeln praktisch an jedem Haus . An der Straße stehen
Körbe mit Kampfhähnen, der wichtigsten Nebensache für Balis
Männer. Die Fahrt bringt uns viele intensive kurze Eindrücke
über das Leben und Treiben : Hier ein Markt, dort eine Totenverbrennung,
die erhebliche Verkehrsprobleme mit sich bringt, weil die Straße
für das Ritual gesperrt ist. Immer wieder Tempel aus dunklem Gestein.
Die Figuren zum Teil mit schwarzweiß karierten Decken bekleidet.,
Räucherstäbe und Opferkörbe. Der Fahrer, der zugleich auch
unser Divemaster ist fährt schnell, wir haben von Sanur ja auch einen
Anmarsch von fast 170 Kilometern nach Tulamben. dann, nach vielem Grün
kommen wir nach einem Berg in eine braun verbrannte Gegend, die uns an
Fuerteventura erinnert. Der Minibus kommt unter einem Palmdach in einer
staubigen Ansammlung einiger Häuser am dunklen Kieselstrand zum Stehen.
"Tulamben" sagt Ida der Drive/Divemaster. Wir können es kaum fassen,
hier soll das berühmte Wrack des Liberty-Ship liegen? Wir nehmen unsere
Kameras, die Ausrüstung wir von den Frauen und Kindern des Dorfes
getragen! Ida zeigt auf ein Palmenwäldchen etwa 200 Meter entfernt
, und meint dort sollten wir hingehen, da sei auch das Wrack. Uns folgt
eine kleine Karawane beladen mit Tauchtaschen, Blei und Preßluftflaschen.
Etwa 10 jährige Kinder tragen 2 Preßlufttanks, Kinderarbeit
für den Tauchsport! Einige Frauen tragen neben 2 Tanks (1 auf dem
Kopf, einer unter dem Arm) auf dem anderen noch einen Säugling. Die
Männer schauen stolz lachend zu. Der Wert und das Ansehen einer Frau
steigt hier mit ihrer Tragleistung!
Wir scheinen zu den ersten zu gehören,
die im Schatten auf der Veranda eines kleinen Steinhäuschens in ihre
Ausrüstung steigen. Noch immer liefert die Trägerkolonne Ausrüstungsgegenstände
ans steinige Ufer. Es finden sich auch immer mehr Touristen ein. Ida hält
ein kurzes Briefing ab: Der erste Tauchgang soll uns um das Wrack herumführen
und bis in 25 Meter Tiefe gehen. Zum Abschluß gibt er Bananen für
die Fische aus, die wir in unseren Jackets verstauen .über die runden
schwarzen Kiesel stolpern wir ins bewegte Wasser. Nach einer Schnorchelstrecke
von etwa 10 Metern tauchen wir ab bis zum 6 Meter tief gelegenen Sandgrund.
Noch weitere 10 Meter und wir sehen die ersten Wrackteile, die von Fischen
umschwärmt sind. Das Wrack liegt parallel zur Küste und scheint
schon recht stark beschädigt zu sein. Ein großer Teil ist sicher
schon im Sand vergraben. Mit viel Phantasie können wir uns die aufragenden
mit Schwämmen, Weich- und Hartkorallen bewachsenen Metallteile als
Spanten vorstellen. Wir haben schon schönere Wracks gesehen, die dann
aber auch schwieriger zu Betauchen waren.
Kaum haben die Doktor- und Papageienfische
uns wahrgenommen , fangen Sie an uns bettelnd zu umschwärmen. Bananen
gehören hier anscheinend zum festen Speiseplan unserer schuppigen
Gesellen! Durch die Gewöhnung an Menschen, kann ich einige gute Schüsse
mit dem 15er Objektiv von ihnen machen. Eine herrliche Artenvielfalt von
Falter- und Kaiserfischen umgibt uns. Im Vergleich zu Sanur haben wir hier
schon eher "maledivische" Bedingungen in Bezug auf Sicht und Farbenreichtum
der Fauna und Flora . Unser Guide hat alles gut im Blick während er
mit der Fütterung der "Bestien" beschäftigt ist. Die Gier der
Doktorfische ist kaum zu bremsen. Die Fütternden müssen aufpassen,
daß sie sich nicht an den Skalpellen der "Chirurgenfische" verletzen.
Wir bewegen uns langsam von einem zu anderen Segment des Wracks. Als wir
wieder dem Ufer entgegen schwimmen, zeigt sich noch ein Schwarm Makrelen,
aber der Film ist leider schon voll.
Am Strand ist mittlerweile eine bunte
Menschenmenge, dabei sich mit Tauchausequipment für einen Besuch des
Wracks zu rüsten. Die Guides der Gruppen haben alle Hände voll
zu tun die Vorhaben der Tauchgruppen einigermaßen zu koordinieren,
um einem totalen Unterwasserchaos vorzubeugen.. Wir rüsten erstmal
ab , machen Picknick und genießen den Zirkus um uns herum . Es war
wohl Glück, daß wir den weiten Weg von Sanur hatten, und Früh
in Tulamben waren. Jetzt sieht und hört man Japaner, Australier, Deutsche,
Amerikaner, Belgier und Schweizer durcheinander reden.
Nach gut zwei Stunden Pause meint Ida
wir könnten zum zweiten Gang starten. Die Kinder und Frauen des Dorfes
rüsten auf Zuruf fachmännisch unsere Flaschen mit Jackets und
Automaten auf. Dieser Gang soll durch das Wrack gehen und wieder etwa 25
Meter als maximale Tiefe haben. Da wir die restlichen Bananen als Nachtisch
selber verspeist haben, werden die Fische wohl diesmal leer ausgehen. Wieder
begeistert uns das Szenario unterwasser mit den bunt bewachsenen Wrackteilen
und den vielen zutraulichen Fischen. Diesmal habe ich die Reflexkamera
mit dem 55 mm Makroobjektiv dabei, um Fischportraits zu machen. Trotz vieler
Taucher und Wellenbewegung ist die Sicht im Wasser noch gut geblieben und
der Film füllt sich schnell. Als wir auftauchen ist es etwa 14.35
Uhr am Strand läuft das Chaos seinem Höhepunkt entgegen. Wir
sind froh 2 angenehme Tauchgänge dank gutem Management unseres Guides
gehabt zu haben.
Auf der Rückfahrt legt Ida noch
Tempo zu, denn wie die meisten Balinesen, scheint auch er, ohne es vor
uns zuzugeben. Angst vor den Geistern der Dunkelheit zu haben. Ein Verkehrsstau
durch einen Marathonlauf entlang unserer Strecke läßt eine Heimkehr
bei Tageslicht fast unmöglich werden. Im Letzten Dämmerlicht
landen wir in Sanur. Bei einem Drink in einer Strandbar lassen wir den
Tag angenehm ausklingen. Die Fahrt hat sich auf jeden Fall gelohnt! Morgen
fliegen wir weiter nach Flores, wer weiß was uns dort erwartet.
©Jan und Christine Waßmann
1991 |